Mittwoch, 13. Februar 2008

US-Vorwahlen: Obama zieht an Clinton vorbei

Barack Obama hat mit einem dreifachen, überwältigenden Wahlsieg Hillary Clinton nach Wählerstimmen und Delegiertenstimmen zum ersten Mal überholt und möglicherweise um die Nominierung der Demokraten gebracht. Obama gewann in den sogenannten „Potomac Primaries“ die Staaten Virginia, Marylands und die US-Hauptstadt Washington (District of Columbia) weit überlegener als erwartet. Zum ersten Mal gelang es dem Senator aus Illinois, bei weißen Männern, bei Latinos, bei Arbeitern mit niedrigem Einkommen Stimmen zu gewinnen. Diese Wählergruppen waren bisher unerreichbar für ihn gewesen und an Hillary Clinton gefallen. Damit hat Obama in den vergangenen drei Tagen sieben Urwahlen klar gewonnen und Hillary Clinton in eine noch vor Wochen für unmöglich gehaltene Bedrängnis und Defensive gebracht.
Obama siegte nach ersten Berechnungen mit Zweidrittel der Stimmen (für Maryland und Virgina) und Dreivierteln im District of Columbia (Washington). Nur fünf Prozent der Wähler waren Latinos, aber sie gewann er gegen Clinton in einem Verhältnis von 2:1. Selbst Parteilose, die in der offenen Urwahl Virginias bei einer der beiden Seiten abstimmen durften (etwa acht Prozent der Wähler), entschieden sich zu 70 Prozent für Barack Obama. Damit hat der Senator bewiesen, dass er die Bastionen der Clintons stürmen und sogar Ungebundene und Republikaner auf sich vereinigen kann. Dieser N Nachweis wird die sogenannten „Superdelegierten“ beeindrucken, rund 800 Würdenträger der Partei, die auf dem Parteitag Ende August in Denver ihre Stimme für einen der beiden Kandidaten abgeben können. Anders als die Delegierten, die durch die Urwahlen proportional festgelegt sind auf Sieger und die Geschlagenen.
Obama feierte seine Siege in Madison (Wisconsin), dem Staat mit den nächsten Urwahlen in der kommenden Woche. „Die Zyniker können nicht länger sagen, dass wir falsche Hoffnung wecken. Wir haben überall gewonnen, indem wir jungen Leuten einen Grund gegeben haben zu wählen, und denen, die jung geblieben sind, einen Grund, wieder Hoffnung zu schöpfen.“ Mit den Zynikern meinte er die Clintons, die ihm vorwerfen, nur schöne Reden zu schwingen ohne Substanz zu bieten. Obama ließ sich in Madison nicht beirren: „Dies ist die neue amerikanische Mehrheit, so sieht Wandel aus, der von unten nach oben geht.“ John McCain, der vermutliche Kandidat der Republikaner, sei ein amerikanischer Held, aber seine Politik gehe an den Nöten der Amerikaner vorbei. McCain werde nicht sagen können, dass er, Obama, je (wie Hillary) den Krieg im Irak unterstützt habe.
Clinton erwähnt keine Niederlagen
Hillary Clinton war vor Obama, gegen 21 Uhr Ostküstenzeit, in El Paso (Texas) vor ihre Anhänger getreten. Und sie hatte es fertig gebracht, ihre Niederlagen in Virginia, Maryland und in der Hauptstadt mit keinem Wort zu erwähnen. Man kann das Verschweigen des Offenkundigen vorwärtsgewandt nennen – oder etwas absurd. Ihre massiven Probleme werden nicht
kleiner durch die Durchhalteparolen und Versprechen in ihrer Standardrede. Clinton stellte klar, dass sie die nächsten drei Wochen bis zum 4. März um Texas (und um Ohio) kämpfen wird. Vermutlich mit heftigeren Angriffen auf Barack Obama. Die beiden Staaten sind keine Schönheitspreise mehr, nicht allein Prestigesache, sondern absolut notwendig zum Überleben ihrer Kandidatur. Hillary Clinton muss in Texas und Ohio so überwältigend siegen wie Barack Obama am heutigen Abend: mit Zweidrittel zu einem Drittel der Stimmen. Dies bestätigte sogar eine enge Beraterin Clintons, Lisa Caputo, am Abend auf MSNBC. Sie könne offen sprechen, sagte Caputo, sie werde nicht von Clinton bezahlt. Hillary Clinton erinnert in ihrer Not, in Ohio und Texas ihre „Brandmauer“ errichten zu müssen, an Rudy Guilinani, der alles auf Florida setzte. Und kläglich verlor.
Die amerikanischen Demokraten stehen vor einem schmerzhaften Prozess. Die Führung um Howard Dean will den kräfte- und geldauszehrenden Wettbewerb zwischen Clinton und Obama so bald wie möglich entschieden sehen. Das endlose Ringen bietet den Republikanern Erholungspausen und Angriffsflächen zugleich. Das Wahlverfahren, so kompliziert, dass sich nicht einmal die US-Medien auf eine einheitliche Zählweise verständigen können, ist fairer als bei den Republikanern, die ihre Staaten wie einen Jackpot allein an den Sieger geben. Aber nie hat das Ringen so viel Kraft und Geld und Zeit gekostet wie 2007 du 2008. Barack Obama hat alle, vermutlich auch sich selbst, mit seinen Erfolgen überrascht. Erst waren es nur die ganz Jungen, die Schwarzen, die Besserverdienenden sich für ihn begeisterten. Seit Dienstagnacht sind auch weiße Männer, Latinos, einfache Arbeiter dazugestoßen.
Manche Beobachter sagen voraus, dass selbst in Texas das Votum der Latinos mehr zwischen Jung und Älter, Obama und Hillary, geteilt ist als zwischen Demokraten und Republikanern. Geht man nach der Wahlbeteiligung und Begeisterung, schlagen die Demokraten in diesem Wahljahr die Republikaner 2 zu eins.
Die Demokraten haben die Qual der Wahl zwischen zwei vorzüglichen Kandidaten. Die Republikaner haben Mühe, sich auf einen zu verpflichten. War es ein Zufall, dass John McCain (71) seine Siegesansprache mit Barack Obamas Slogan beschloss: „All fired up – ready to go!“ Feuer und Flamme, startbereit. Zu Obama passt das.

Quelle: www.msn.de

Keine Kommentare: